Ueber Augenmuskellähmungen / von L. Königstein.

Königstein, Leopold.

Date:: [1885]

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Credit: Ueber Augenmuskellähmungen / von L. Königstein. Source: Wellcome Collection.

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die Fixation, muss aber hierbei eine sehr starke Einrichtungsdrehung machen. Das kranke Auge geht in die alte Ablenkung zurück. Für gewöhnlich reicht diese Untersuchung aus erstens, um zu konstatiren, dass überhaupt eine Lähmung vorhanden ist, zweitens, welchem Auge sie angehöre und endlich drittens, welcher Muskel der gelähmte sei. Das feinste und schärfste Mittel zur Diagnose der Muskel- paralyse ist jedoch die Prüfung auf Doppelbilder. Beim normalen binokulären Sehen schneiden sich die Gesichts- linien im Sehobjekte, dieses wird auf der Macula abgebildet und einfach gesehen, ist aber ein Defekt in der Beweglichkeit vor- handen , so bleibt das eine Auge zurück, nur die Macula des gesunden Auges ist auf das Objekt eingestellt, während der Gegenstand auf dem kranken Auge an einer exzentrischen Stelle abgebildet wird; die Bilder verschmelzen diesmal nicht, sondern das Objekt wird doppelt gesehen. Den Ort, an welchem sich das Doppelbild (falsches Bild) befindet, beurtheilen wir nach dem Grade der Innervation, welche wir aufwenden müssen, um die Macula des kranken Auges auf das zu sehende Objekt einzu- stellen. Dies gilt nicht nur für beide Augen, sondern auch für jedes allein. Ein Beispiel möge dies verständlicher machen: Der linke Abducens sei paretisch, in Folge dessen wird das Auge nur mit einer grösseren Kraftanstrengung nach aussen gedreht werden können. Wende ich eine Innervationsquote a auf, so antwortet der normale Muskel mit der Kontraktion <x und mein Bewusstsein sagt mir nach den vieltausendfältigen Erfahrungen, dass der Gegenstand sich in einer gewissen Richtung und Ent- fernung befinde. Ist der Muskel aber paretisch, so muss ich die Innervationsquote a + b aufwenden, um die Muskelkontraktion a hervorzubringen. Mein Bewus3tsein, welches auf die Parese noch nicht eingeübt ist, urtheilt daher, dass dieser Gegenstand sich weiter befindet als an dem wirklichen Orte. Der Tastversuch zeigt uns dies auch jeden Moment. Fordern wir ein Individuum mit einer frischen Muskelparese auf, auf einen in der Zugrichtung des gelähmten Muskels gehaltenen Gegenstand zu stossen, so wird es regelmässig an demselben vorbeistossen, und zwar um so weiter vorbei, je stärker die Parese. Sehen wir nun mit beiden Augen, so ist das Bild des Objektes im gesunden Auge auf der Fovea centralis, am gelähmten dagegen auf einer exzentrischen Netzhautstelle. Unser Bewusstsein ur- theilt nun folgendermassen: das Bild wird exzentrisch gesehen, ergo kann sich dasselbe nur ausserhalb der Gesichtslinie befinden. Wir sehen daher mit beiden Augen doppelt, mit dem gesunden den Gegenstand am richtigen Orte, mit dem affizirten an einem falschen. Die Doppelbilder sind also nur Projektionsausdrücke der Ablenkung und für die Diagnose der Augenmuskellähmungen von besonderer Wichtigkeit, weil sie auch Deviationen kon- statiren, wo wir mit den anderen Hilfsmitteln nicht ausreichen. Die Doppelbilder sind in Bezug auf die Deviationen zu ver- gleichen mit Muskelzuckungen, „die wir durch eine Feder auf der Kymographiontrommel aufschreiben lassen. Das Vorhandensein von Diplopie ist aber an sich kein Beweis, dass wir eine Augenmuskellähmung vor uns haben, obwohl sie